Verbreitung
Artemisia rupestris ist offenbar ein Eiszeitrelikt, dass sich in Mitteleuropa
nur noch an konkurrenzarmen Standorten halten konnte. In Sibirien, dem
nördlichen Zentralasiens und den Gebirgen Mittelasiens ist die Art heute noch
weit verbreitet. Sie wächst dort häufig in Lärchenwäldern, in Wiesen,
Steppen, schotterigen Hängen, an Fluss- und Seeufern, häufig an salzigen
Stellen (Jäger 1987). Meist kommt die Art in Gebirgen vor.
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Verbreitung von Artemisia rupestris
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Der Rückgang und die Ursachen des Aussterbens in Mitteleuropa wird in
Jäger (1987) dokumentiert. Ursachen waren vor allem Meliorationen und
daraus entstehender Konkurrenzdruck, aber auch übermäßiges Sammeln hat
sicherlich zum Rückgang geführt. Die letzten Exemplare am Solgraben von
Artern (Sachsen-Anhalt) wurden durch die Anlage einer Hühnerfarm 1960
noch stärker dezimiert. 1979 wurde von Dr. F. Ebel und Mitarbeitern ein
letzter, stark von Artemisia maritima überwucherter Klon gefunden, von
dem Stecklinge in Kultur genommen wurden. Gleichzeitig wurde seit dieser
Zeit das letzte Exemplar am Standort von Artern gepflegt und vor starkem
Konkurrenzdruck befreit. Ohne diese Maßnahmen, wäre die Art in
Deutschland ausgestorben. Die nächsten isolierten und sicherlich auch
reliktären Vorkommen befinden sich im Baltikum.
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Artemisia rupestris am Ende des Winters im Botanischen Garten Halle (16.03.2006)
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Nahaufnahme von Artemisia rupestris am Ende des Winters (16.03.2006)
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Artemisia rupestris im zeitigen Frühjahr (10.04.2006)
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Biologie und Wuchs
Artemisia rupestris ist eine niedrige, teilwintergrüne, rasige Kriechtrieb-
Halbrosettenstaude mit zwei- bis mehrphasig wachsenden Blütentrieben und
wesentlich zahlreicheren sterilen Kriechtrieben, die sich regelmäßig
sprossbürtig bewurzeln (Jäger 1987, dort auch weitere Angaben).
Die Pflanzen sind offensichtlich selbstfertil, die Achänen reifen in
Mitteleuropa offensichtlich nur selten aus. Es konnten in Halle nur einmal
Sämlinge beobachtet werden (H.-G. Fuhrmann, pers. Mitteilung).
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Blühender Felsen-Beifuß (05.06.2008)
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Erhaltungskultur
Die Vermehrung bzw. der Erhalt der Pflanzen erfolgt durch Teilung bzw.
Stecklinge. Diese Teilung kann mehr oder weniger zu jeder Jahreszeit
erfolgen. Die Teilung der Pflanzen erfolgt jedes Jahr. Ob die Pflanzen altern,
kann wegen der regelmäßigen Teilung der Exemplare nicht abgeschätzt
werden. Nach der Teilung brauchen die Pflanzen mehr Wasser.
Besondere Ansprüche an den Boden stellt die Pflanze nicht, es wird normale
Gartenerde verwendet. Ein Problem bei gutem Boden ist, dass sich die
Pflanzen unter Umständen totblühen. In Teilen der Kultur werden die
Blütenstände entfernt. In einem ärmeren Substrat, z. B. auf Sandboden, tritt
dieses Phänomen seltener auf.
Bezüglich der Bewässerung stellen die Pflanzen keine besonderen
Ansprüche. In der Topfkultur wird routinemäßig gegossen, im Freiland
erhalten die Pflanzen kaum zusätzliches Wasser.
Die Art ist vollständig winterhart. Während des Winters wird die Topfkultur
locker mit Kiefernreisig abgedeckt.
Im Schutzgarten an der Kapenmühle wird die Art in Komposterde kultiviert.
Der ursprüngliche Boden wurde 15 cm tief abgetragen und mit Komposterde aufgefüllt.
Im Untergrund befindet sich Lehm. An einem anderen Ort wachsen Pflanzen in Sandboden. Sie
bleiben dort deutlich kleiner.
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Erhaltungskultur an der Kapenmühle (05.06.2008)
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Erhaltung der genetischen Vielfalt
Ableger der /des letzten Exemplare(s) bei Artern werden klonal vermehrt.
Jeder aus Artern stammende Nachkomme wird jährlich geteilt, eine Hälfte
wird verworfen, bzw. ausgepflanzt, oder anderweitig abgegeben, die zweite
Hälfte dieser Linie wird in Topfkultur weiter kultiviert. Pflanzungen befinden
sich im Botanischen Garten und im Schutzgarten an der Kapenmühle
(Biosphärenreservat Mittlere Elbe).
Literatur
Ebel, F. Rauschert, S. (1982): Die Bedeutung der Botanischen Gärten für
die Erhaltung gefährdeter und vom Aussterben bedrohter Arten. Arch.
Naturschutz u. Landschaftsforschung 22, 187-199.
Jäger, E. J. (1987): Biologie, Chorologie und Ursachen des Reliktcharakters
von Artemisia laciniata Willd. und A. rupestris L. im herzynischen Gebiet.
Hercynia N. F. 24, 425-436.
Text (c) Botanischer Garten Halle: M. H. Hoffmann, F. Ebel, H.-G.
Fuhrmann, E. Stollberg, T. Jahn, H. Pannach, 2006-2009.
Fotos (c) M. H. Hoffmann, 2006-2009.
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